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Hermann Tempel

Hermann Bernhard Christoph Tempel wurde am 29.11.1889 in dem kleinen Fischerdorf Ditzum (Ostfriesland) geboren.

Sein Vater war in der Gemeinde Lehrer,  gehörte der evangelisch reformierten Konfession an und fühlte sich der demokratischen Tradition der evangelischen Kirchenbewegung verbunden. Mehr ist über Tempels Elternhaus nicht bekannt. Nur, dass ihn ein besonders herzliches Verhältnis mit seiner Mutter verband und er drei Schwestern hatte, die ihn während seines ganzen Lebens – auch unter schwierigen Verhältnissen – stützten.

In Aurich besuchte Tempel nach Absolvierung der Präparandenanstalt das evangelische Lehrerseminar in Aurich und war schon als Junglehrer als entschiedener Schulreformer gegen die geistliche Schulaufsicht und gegen engstirnige Nationalisten eingestellt.

Nach Beendigung des I. Weltkrieges studierte Hermann Bernhard Tempel an den Universitäten Hamburg und Berlin Psychologie und Philosophie. Da aber die Inflation seine Geldmittel aufzehrte, musste er sein Studium aufgeben. Bis 1933 war er dann als Volksschullehrer an der ev.-ref. Schule in Leer tätig.

Seine politische Laufbahn sah dagegen spektakulärer aus:

1919 trat der junge Lehrer der Sozialdemokratischen Partei bei, als deren Vertreter er von 1924-33 im Stadtrat seiner Heimatstadt Leer war. Obwohl Hermann Tempel jegliches Karrieredenken fern lag stieg er fast aus dem Stand in den  Deutschen Reichstag auf, dem er von 1925 bis zum Ende im Jahre 1933 angehörte. Er war ein guter Redner und sein Sachgebiet im Reichstag war die Agrarpolitik, vor allem die bäuerliche Siedlung im Osten und die Neulandgewinnung an der Küste. Er trat für die Vereinheitlichung der Stromversorgung für Ostfriesland ein und gehörte zu den Gründern der EWE, deren Aufsichtsrat er angehörte. In Berlin war er Botschafter für Ostfriesland, verstand, für seine Heimat einzutreten, war aber auch ganz bewusst „Abgeordneter des ganzen deutschen Volkes“. Systematisch pflegte er auch die Verbindung zu den Niederlanden.

Die Flucht nach Holland

Neben seiner vielfältigen politischen Arbeit schuf er 1924 mit dem „Voksboten“, einer sozialdemokratischen Wochenzeitung, die Hermann Tempel gemeinsam mit dem Gewerkschafter Louis Thelemann in Leer begründete, ein wichtiges Instrument, um zu den politischen Ereignissen seiner Zeit Stellung nehmen zu können. Ende Februar 1933 wurde der „Volksbote“ verboten. Am 24. Februar 1933 erschien die letzte Ausgabe. 

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten flüchtete der Sozialdemokrat Tempel Ende Juni nach Holland. Kurz darauf - mit Wirkung vom 1. September 1933 -   wurde er auf Erlass des Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung offiziell aus dem öffentlichen Schuldienst entlassen. Da ihm diese Entscheidung nicht zugestellt werden konnte, wurde das Schriftstück öffentlich an die Gemeindetafel geheftet.

Tiefe Depressionen und Heimweh

Tiefe Depressionen und Heimweh machten Tempel im Exil zu schaffen. Er hatte Probleme damit, sich mit den jungen Sozialdemokraten im Grenzgebiet zu arrangieren, hielt sich mit Privatunterricht in deutscher Sprache, kleineren journalistischen Arbeiten und  deutsch/holländischer Handelskorrespondenz über Wasser und nahm nur einmal, im August 1936 an einer SPD-Konferenz in Almelo teil, was später zu seiner Verurteilung wegen „Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens“ führte.

Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen im Mai 1940 musste sich Tempel auch in Holland verstecken. Damit nicht seine Freunde unter der Gestapo leiden sollten, stellte sich der Gesuchte und wurde nach Deutschland gebracht. Vor dem Oberlandesgericht in Hamm wurde ihm schließlich im Juli 1941 der Prozess gemacht und zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, die er im berüchtigten Strafgefängnis Wolfenbüttel verbüßte. Am 12. Dezember 1942 durfte er zu seiner Schwester nach Berlin ziehen, jedoch keinen Kontakt zu früheren Freunden (wie Wilhelmine Siefkes und Louis Thelemann in Leer) aufnehmen oder gar nach Ostfriesland zurückkehren. Im Mai 1943, als die Bombenangriffe auf Berlin zunahmen, erhielt Hermann Tempel die Erlaubnis, mit seiner Schwester nach Oldenburg zu ziehen, wo der ehemalige Reichstagsabgeordnete als Lagerarbeiter bei einem Schuhgroßhändler arbeitete.

Hermann Tempel hatte als schwer kranker Mann das Gefängnis verlassen. Hunger und Kälte, dazu die immerwährende Angst vor der Gestapo und dem Konzentrationslager hatten den kämpferischen Sozialdemokraten gebrochen. Am 27. November 1944 endete sein Leben nach einer langen, schmerzhaften Erkrankung. Seinem Wunsch, in Ostfriesland beigesetzt zu werden, wurde nicht entsprochen.

Unter Beobachtung der Geheimen Staatspolizei wurde Hermann Tempel auf dem Gertrudenfriedhof in Oldenburg beerdigt.